NDR Wie geht das?: Vom Rohr zum Reetdach
Wenn es richtig knackig kalt ist, erntet Rainer Carls aus Neuendorf bei Greifswald das Schilfrohr seiner Flächen an der Ostsee. In dieser Saison sind nur wenige Tage dazu geeignet, doch am Ende liegt das Reet geputzt und gebunden zum Trocknen auf seinem Hof. Das heimische Reet reicht nicht für alle Aufträge. Ende Februar ist der Rohrdachdecker richtig im Stress. Neben der Ernte müssen er und seine Leute eine Dachfläche mit acht Gauben decken, eine knifflige Herausforderung für das Team. Auch hier spielen die Wetterverhältnisse wieder eine große Rolle, oft ist es zu windig und regnerisch. Bevor das Reetrohr weiterverarbeitet wird, darf es auf keinen Fall nass werden. Ein Großteil seiner Kunden bevorzugt einheimisches Rohr. Doch die Ernte reicht längst nicht für alle Aufträge. Der Handwerker muss Reet dazukaufen, meist stammt es aus dem Ausland. Die Firma Carls ist ein Familienunternehmen, Rainer Carls hat für seinen Beruf viele Handgriffe und Tricks von seinem Vater erlernt, die der wiederum von seinem Vater übernommen hat. Die Technik des Rohrdachdeckens unterscheidet sich seit Jahrhunderten kaum. Die Firma Carls ist ein Familienunternehmen, zu DDR-Zeiten hat der Vater das Rohrdachdecken als Nebentätigkeit ausgeübt.
Nach der Wende hat sich Rainer Carls dann selbstständig gemacht. Auch sein Sohn ist gelernter Dachdeckermeister und arbeitet jetzt in der Firma, die er später einmal übernehmen soll. Handarbeit auf dem Dach. Es geht auf die nächste Baustelle, ein Lkw liefert über 1.000 Bunde, ein Kran hebt das Reet in den Garten. Jetzt müssen Carl und seine Leute die Bunde einzeln aufs Dach werfen, erst dann beginnt die Arbeit. Von der Ernte bis zum fertigen Dach, ein Rohrdach ist reine Handarbeit. Nach knapp zwei Wochen ist auch dieses Dach mit Reet eingedeckt. Autorin: Dörte Petsch, Kamera: Matthias Ruuck, Schnitt: Sebastian Pehl, Ton: Lutz Streubel.